Wetter

Witterungsrückblick für den "Wonne" Monat Mai 2021

Der Wetterhahn von Sankt Concordia blickt zurück
Rühler Witterungsrückblick auf einen Wonnemonat Mai 2021, bei dem die Wonne beim Packen des Wetterkoffers ganz einfach vergessen wurde. Trotz der allgemeinen Vergesslichkeit soll aber zumindest einiges zum Brauchtum des Monats Mai in seinem Verlauf nicht unerwähnt bleiben.


Komm lieber Mai und mache die Bäume wieder grün, heißt es in einem alten Gedicht von 1775. Das galt aber nicht für das Jahr 2021. So wie die ersten zwei Lenzmonate endeten, begann auch der Wonnemonat, also der 3. Frühlingsmonat, der sonst so beliebte Monat Mai, nämlich kühl, nass und stürmisch. Nix war da von frühlingshaften Temperaturen zu verspüren. Die dicken Winterjacken hielten sich nach wie vor in der Garderobe. Trotz all unseres Hoffens und Flehens konnte sich unser lieber Mai nur zaghaft vom kalten Winter lösen. Der Lenz wollte und wollte nicht die Regie in der Wetterküche übernehmen.

Selbst der sonst übliche Ausflug zu Himmelfahrt, in diesem Jahr am 13. Mai, war ohne wetterfeste Ausrüstung fast unmöglich. 3,3 Liter Regen, eine Höchsttemperatur von 14,8°C, bei stark bewölktem Himmel und einer steifen Brise aus Nord/Ost  und dann ab in den grünen Wald, der kaum ein grünes Blättchen zeigte, nö. Die Heizung läuft noch. Dann schon lieber bei ödem Fernsehprogramm zu Hause mit schlecht gelaunter Familie auf das Sofa, die Augen zu und träumen.

Wie schön blüht uns der Maien. Nach wie vor wird gerade im ländlichen Gebiet der Wonnemonat übermütig und stürmisch begrüßt. Schon in der Walpurgisnacht, am 30. April, wo Hexen und Dämonen ihr Unwesen treiben, begannen die Maifeierlichkeiten.  Die Freude auf den neuen Monat kannte kaum Grenzen. Auch in Ruhla sammelten die Burschen alle erreichbaren Reisigbesen, ob neu oder alt. Diese wurden bei Einbruch der Walpurgisnacht angezündet und hin und her geschwenkt,  zur Abwehr böser Geister und Hexen, die nach altem Volksglauben Richtung Inselsberg zogen. An bestimmten Orten wurden zusätzliche Reisigbündel verbrannt. Die Hausfrauen brachten Wacholderzweige und Berwindenranken an Hauseingänge und Stalltüren an, damit (außer der Hausherrin) sich ja keine Hexe in Ruhla einnisten konnte. Ab dem Jahre 1850 waren die Feuerbräuche in Ruhla verboten, wahrscheinlich wegen der Brandgefahr. Da der 1. Mai in früheren Jahren kein Feiertag war, fanden in Ruhla die Maifeierlichkeiten erst am ersten Maisonntag, dem Maientag statt. Erstmals im Jahre 1912 war der erste Mai in Ruhla offizieller Feiertag.

Ist der Wald wieder grün, geht den Rühlern seit je her das Herz auf. Stetig geht es nun im sonst so kalten Bergstädtchen der Sonne entgegen. Der Sommer wurde mehr und mehr der Herrscher in Ruhla, im Gegensatz hierzu waren die ungeliebten Dämonen des Winters kaum noch gegenwärtig. Den Sommer stellten sich unsere Altvorderen als junges grünes Wesen vor, das Waldmännchen eben. Die Figur geht zurück bis auf Baldur, den Lichtgott der alten Germanen, der einst von Hödr, dem bösen Wintergott, ermordet wurde und als Frühling sozusagen Wiedergeburt feierte. Ab dem Jahre 1800 wurden die Waldmännchenfeierlichkeiten auf Pfingsten verlegt.

Nun sind wir schon im monatlichen Jahreslauf  bei den Eisheiligen angekommen. Ihr Auftreten ist territorial zweigeteilt. In Mittel- und Norddeutschland sind es die Tage vom 11. bis 13. Mai, es herrschen die gestrengen Herren Mamertus, Pankratius, und Servatius. Im südlichen Teil unseres Vaterlandes sind die Eismänner, wie sie hier genannt werden, um einen ganzen Tag verschoben, warum auch immer. Ihre Namen sind hier Pankratius, Servatius und Bonifazius. Im genannten Zeitraum kommt es regelmäßig zu Kaltlufteinbrüchen. Als Krönung des ganzen folgt dann noch am 15. Mai die kalte Sophie. Bei dem frostigen Gesindel handelt es sich um frühe christliche  Märtyrer oder Bischöfe. Ein jeder hat auch seine speziellen Wettersprüche. Nur um einige zu nennen: „ Der heilige Mamerz (11.05.)  hat aus Eis ein Herz.“ Oder: „Vor Nachtfrost bist du sicher nicht, bevor die Kalte Sophie vorüber ist.“ Mit anderen Worten, empfindliche Pflanzen erst nach den Eisheiligen ins Freiland bringen oder sehr gut abdecken. Fazit für das Jahr 2021, die Eisheiligen waren äußerst pünktlich und auch in Ihren Temperaturen dem bisherigen Frühjahr angepasst.

Doch bevor wir uns über weitere Besonderheiten des Brauchtums unseres Bergstädtchens auslassen, erst einmal die Wetterdaten der ersten 20 Maientage, zumindest in Kurzfassung.

Wie eingangs schon beschrieben, hatten wir 2021 eigentlich ein insgesamt kaltes, mieses Frühjahr, in das sich der Wonnemonat hervorragend einpasste. Doch halt, wie sagt schon die alte Wetterregel, „Ein kühler Mai wird hoch geacht`, hat stets ein gutes Jahr gebracht.“ Lag doch die Mitteltemperatur für den Monat Mai in den Jahren 2008 – 2020 bei zirka 11,8°C, so man höre und staune in den ersten 20 Maitagen 2021 bei mickrigen 9,9°C. Frage, hat der liebe Petrus einen Heizungsdefekt? Wenn ja, dann hilft nur eines. Die Firma Fries hilft bestimmt, Anruf genügt. Die bisher niedrigste Temperatur dieses  Monats verzeichneten wir am 7. Mai und 8. Mai mit 0,1°C. Zum Glück gab es da noch den Ausrutscher vom 9.Mai mit 25,5°C, hurra der erste Sommertag war da. Im beschriebenen Zeitraum trieb auch der Wind sein Spiel mit uns. Es verging kein Tag, an dem der Wind uns seine Macht nicht zeigte. Besonders der 4. Mai schickte uns Böen von über 70 km/h. Der bisherige Monat brachte uns glücklicherweise reichliche Niederschläge. In den beschriebenen 20 Tagen regnete es an 16 Tagen und zwar 65,0 Liter, so dass besonders unsere Waldböden wieder einmal richtig Nässe aufnehmen konnten. Im beschriebenen Zeitraum der ersten 20 Maientage schien über Ruhla insgesamt 81 Stunden die Sonne, so dass wir auch hier einen entsprechenden Ausgleich erzielen konnten. Über die Jahre konnten wir insgesamt für den Mai jeweils etwa 80 Sonnenstunden verzeichnen, wir lagen also hier im monatlichen Durchschnitt für den Mai.

Machen wir weiter mit unserem berühmten Dichterfürsten, Herrn Goethe. Wie entfuhr es seiner Feder doch einst: Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen, (erster Satz bei Reinecke Fuchs) bei uns in Ruhla auch. Übrigens, wenn wir Pfingsten feiern können, sind seit dem Osterfest 50 Kalendertage vergangen. Pfingsten war seit je her von allen Ruhlaern besonders verehrt. Der Wald war schön grün, meist herrschte schönes Wetter. Glockenläuten und Jubelgesänge von den Hängen des Engestieges und vom Breitenberg verkündeten dem gesamten Ort, das etwas Besonderes im Gange ist. Geschäftiges Treiben beherrschte bereits am gesamten Pfingstheiligabend (Pfingstsamtstag) schon ab der Frühe den ganzen Ort. Die Frauen waren mit letzten Reinigungsarbeiten beschäftigt, von den Burschen wurden die Häuser und Brunnen mit Birken und Buchenreisern festlich hergerichtet. Ab dem späten Nachmittag zogen die Mädels singend und lärmend die Straßen auf und ab. Bis zum Einbruch der Dunkelheit  fand man sich zu Paaren. Als besonderen Brauch setzten die jung verliebten Burschen ihren Liebsten ein mit bunten Eierschalen und Bändern geschmücktes Bäumchen in den Garten vors Haus. So wusste die ganze Ruhl, hier gibt es frisch Verliebte.

Der erste Pfingsttag war geprägt von Chorälen, die von allen Türmen der Stadt geblasen wurden. Die Kirchen waren gleichfalls mit Birken- und Buchengrün, den so genannten Maien, geschmückt. Der Hauptgottesdienst, wie immer gut besucht, zog sich wie auch sonst immer in die Länge. Nach einem kurzen Nachmittagsgottesdienst, das Flammenzeichen des Heiligen Geistes durfte natürlich zu Pfingsten auch nicht zu kurz kommen, zogen die Schulkinder in den grünen Wald, um das Laubmännchen einzuholen und zum Tanzplatz zu führen. Dabei wurden beim Haus-zu-Haus-führen Süßigkeiten und sonstige Speisen eingesammelt. Schließlich wurden noch die Kuhherden auf den Hutplätzen bei Tanz und Spiel aufgesucht. Man vergnügte sich weiter mit Wettlauf, Sackhüpfen, Bockspringen und ähnlichen Spielen. Wie bescheiden waren doch unsere Vorfahren. Unter den Linden wurde bis in die Nacht getanzt. Der Verlauf des nächsten Pfingsttages war ähnlich, nur ohne Laubmännchen. Den Nachmittag beherrschten die berühmten Ruhlaer Hahnenkämpfe. Die Zucht von Kampfhähnen war neben der normalen Hühner- und Taubenzucht und der Anzucht von Nelken und Aurikeln dereinst in Ruhla sehr beliebt. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erloschen die Traditionen dann nach und nach. Resümierend kann man  sagen, Pfingsten war neben der Segnung durch das Fanal des Heiligen Geistes  für Ruhla ein gesellschaftliches Ereignis. Wichtig war natürlich die Tatsache, dass um diese Tage meist auch gutes Wetter herrschte und alles in allem sich so die Botschaft von Pfingsten vielleicht auch leichter von Familie zu Familie, von Mensch zu Mensch tragen lies und unsere Vorfahren auch weniger anspruchsvoll, vielleicht auch besinnlicher waren.

Wichtig war für Ruhla auch, dass unsere Altvorderen annahmen, dass Frau Hulla, direkt vom Hörselberg kommend, die Gebirgsleinenfelder des Bergstädtchens inspizierte und den angebauten Flachs segnete.

Wenn wir uns nun die Entwicklung des Wetters über die Pfingstfeiertage einmal kurz ansehen wollen, ergreift einen das Grauen. Ich habe hier einmal nur die 5 Tage, in der Zeit vom 22.05., also dem Pfingstsonnabend, bis zum 26.05., dem darauf folgenden Mittwoch, zu Grunde gelegt. Nichts zu merken von Wonnemonat, von Wärme, Sonne oder den geringsten Anflug von Frühling. Die Durchschnittstemperatur dieses Zeitraums bewegte sich bei 9,9°C, also viel zu kalt. Pfingstsonntag erreichten wir mit 5,1°C den Tiefstwert für ein liebliches Fest. Lediglich der Nachmittag des Pfingstmontag hat uns mit seinen 19,9°C  leicht ins „schwitzen“ gebracht. Die gesamten ausgewählten 5 Pfingsttage der Wonne  regnete es jeden Tag und zwar insgesamt 27,5 Liter auf den m². Immerhin hat  sich die Sonne im genannten Zeitraum 15,8 Stunden zwischen den Wolken gezeigt. Der gesamte Zeitraum war gekennzeichnet durch einen gleichmäßigen starken Wind, der in Böen etwa einen Spitzenwert um die 20 km/h erreichte. Resümee, man tat gut daran, Pfingsten zuhause zubleiben und „Mensch ärgere dich nicht“ zu spielen. Dies war wohl die bessere Alternative zum Waldspaziergang.

Wenn wir nun die ersten 20 Tage des Wonnemonats Mai und die letzten 11 Wonnetage bis Monatsende vergleichen, gibt es nur eine Antwort: alles blieb beim Alten. In diesem Jahr war von Wonne nichts zu spüren, der Mai ein schlechter Abklatsch vom April.

An 22 Tagen des Wonnemonats gab es Regen und Schauer, 110,2 Liter Regen, verbunden mit einem ständigen unangenehmen Wind. Für unser geliebtes Bergstädtchen liegt der zwölfjährige Mittelwert an Regen im Monat Mai bei 83,12 Liter Regen auf dem m². Uns als Förster, Landwirte oder Gärtner freut natürlich die gegenwärtige Niederschlagsentwicklung nach den mageren Jahren sehr. Das Niederschlagsdefizit ist noch immer nicht ausgeglichen.

Wenn wir altbewährte Wetterregeln zu Niederschlag ins Spiel bringen wollen, sollten wir über die Entwicklung nicht böse sein, wie heißt es doch so schön: „Der Mai als Wonnemonat geboren, hat es faustdick hinter den Ohren“. Oder: „Ein kalter und feuchter Mai tötet das Ungeziefer und verspricht eine gute Ernte“.

Die mittlere Temperatur lag für den gesamten Zeitraum bei 9,5°C, also zeigte sich der geliebte Monat Mai so kalt wie lange nicht. Liegt doch das langjährige Mittel für den Wonnemonat der letzten 12 Jahre bei 11,8°C. Wir können die gegenwärtige Entwicklung auch an den im Monat aufgetretenen Sommertagen erkennen. Brachte es das Jahr 2021 gerademal auf einen einzigen Sommertag, also auf einen Tag mit einer Höchsttemperatur von 25°C, so liegt das langjährige Mittel des Monats bei 6,15 Sommertagen für unser Bergstädtchen. Allerdings ist in diesem Jahr im Monat Mai an keinem einzigen Maientag Nachtfrost aufgetreten, das gab es auch schon lange nicht mehr. Die monatliche Höchsttemperatur registrierte die Quecksilbersäule am 9. Mai mit 25,5°C. Als niedrigste Temperatur des Monats Mai können wir den 7. und 8. Mai mit 0,1°C Nachttemperatur vermerken.  Die relativ kühlen Maitemperaturen haben sich auch negativ auf die Entwicklung der Natur insgesamt ausgewirkt. Der Bereich des Stadtwaldes zeigte sich erst am 14. Mai in voller Laubpracht, für den Breitenberg war der Zeitpunkt am 15. Mai gekommen und der Bermer erreichte seine grüne Pracht erst am 17. Mai. Der Zeitpunkt lag auf Grund der Trockenheit der letzten Jahre, der Entwicklung der Käfersituation und der Frühlingstemperaturen zirka 10 – 14 Tage später als in vorherigen Jahren.

Gewitter traten in diesem Mai relativ wenige auf, insgesamt konnten wir im Monat nur an zwei Tagen Blitz und Donner registrieren.

Mit dem Monat Mai ist nun auch der meteorologische Frühling abgeschlossen, ab dem 1. Juni ist für die Meteorologen, wegen der einfacheren Rechnerei, ganz einfach Sommer, freuen wir uns auf ihn.

Zum Frühling 2021 bleibt nur so viel zu sagen, seit 30 Jahren hatten wir kein so kaltes Frühjahr wie 2021, nur vergleichbar mit den Jahren 1996 und 2016. Also schließen wir den Frühling ab, Haken dran und warten auf einen besseren Sommer.

Ihr Gert Götze - bis zum Juniresümee, schöne Sommertage