Bekanntmachung der Stadt Ruhla zur Ausweisung als Radon-Vorsorgegebiet in der Allgemeinverfügung des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz

zur Festlegung von Gebieten zum Schutz vor Radon-222 in Innenräumen nach § 121 Absatz 1 Satz 1 StrlSchG (Radonvorsorgegebiete)

 

  1. Was regelt die Allgemeinverfügung?

Seit 31.12.2020 ist die Allgemeinverfügung des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) zur Festlegung von Gebieten zum Schutz vor Radon-222 in Innenräumen nach § 121 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz vor der schädlichen Wirkung von ionisierender Strahlung (Strahlenschutzgesetz - StrlSchG) vom 27. Juni 20917 (BGBL. I S. 1966) (Radonvorsorgegebiete) in Verbindung mit § 153 der Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung – StrSchV) vom 29. November 2018 (BGBL. I S. 2034, 2036) in Kraft. Nach der Allgemeinverfügung gehört die Stadt Ruhla zu den Gemeinden, für die erwartet wird, dass die über das Jahr gemittelte Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Luft in einer beträchtlichen Zahl von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen oder Arbeitsplätzen den Referenzwert von 300 Bq/m³ gemäß § 124 StrlSchG oder § 126 StrlSchG überschreitet.

 

  1. Was ist Radon?

Radon-222 ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Edelgas. Es ist farb-, geruch- und geschmacklos und entsteht im Untergrund durch den radioaktiven Zerfall von Uran-238 als ein gasförmiges Zwischenprodukt. Radon-222 hat eine Halbwertzeit von 3,8 Tagen und zerfällt weiter in feste - ebenfalls radioaktive - Zwischenprodukte der U-238 Zerfallsreihe. Manche Gesteinstypen bzw. geologische Formationen weisen einen erhöhten Gehalt an Uran-238 und bei entsprechender Durchlässigkeit des Bodens damit auch ein höheres Radonpotenzial auf.

 

  1. Wie erfolgte die Ausweisung als Radonvorsorgegebiet?

In Thüringen erfolgte die Ermittlung der Radonvorsorgegebiete auf der Grundlage der Methodik des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Die bestimmende Größe in dieser wissenschaftlichen Methode ist das geogene Radonpotenzial. Das Radonpotenzial erfasst die Radon-Verfügbarkeit, d.h. die Radonkonzentration in der Bodenluft und die Gaspermeabilität des Bodens. In Gemeinden mit mehreren geologischen Einheiten wurde ein flächengewichtetes Mittel des Radonpotenzials gebildet. Nach den Vorgaben des BfS kann im Rahmen der verwendeten Methode für Gebiete, die ein Radonpotential größer 44 aufweisen, davon ausgegangen werden, dass in mindestens zehn Prozent der Anzahl der Gebäude in dem Gebiet der Referenzwert von 300 Bq/m³ überschritten wird d. h. für Gebiete mit einem Radonpotenzial größer 44 ist das Flächenkriterium (auf mindesten 75 % der Fläche) erfüllt. Ruhla ist aufgrund der geologischen Verhältnisse und der o.g. Methodik als ein Radon-Vorsorgegebiet im Sinne des Strahlenschutzgesetzes und der Strahlenschutzverordnung ausgewiesen worden.

 

  1. Ist Radon gesundheitsschädlich?

Die kurzlebigen Zerfallsprodukte des Radons lagern sich an Aerosole an. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass ein längeres Einatmen von Radon über Jahre zu einem erhöhten Risiko von Lungenkrebs führt. Dabei geht das Hauptrisiko von den festen - ebenfalls radioaktiven - Zerfallsprodukten des Radons aus, die sich als kleine Partikel in der Lunge festsetzen und dort durch sogenannte Alpha-Strahlung zu Gewebeschäden führen können, aus denen sich dann auch Lungenkrebs entwickeln kann. In den wissenschaftlichen Untersuchungen wurde außerdem nachgewiesen, dass das langjährige Einatmen von Radon in Verbindung mit Rauchen das Lungenkrebsrisiko multiplikativ verstärken kann.

 

  1. Welche Messpflichten haben Arbeitgeber zum Schutz vor Radon?

Nach §§ 126 bis 132 des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG) und den §§ 155 bis 158 der Strahlenschutzverordnung sind der Schutz der Bevölkerung vor Radon in Aufenthaltsräumen und der Schutz vor Radon an Arbeitsplätzen geregelt. Arbeitgeber, deren Betriebsstätten sich in Radonvorsorgegebieten befinden, müssen in Arbeits- und Aufenthaltsräumen im Keller und Erdgeschoss Messungen auf Radon-222 durchführen lassen. Die Messungen, die gemittelt über 12 Monate durchgeführt werden müssen, sind bis 30.6.2022 abzuschließen, um die gesetzliche Frist zur Messpflicht einzuhalten. Der Gesetzgeber spricht hier von Verantwortlichen für Arbeitsplätze, nach § 127 StrlSchG zählen nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Selbstständige. Eine gesetzliche Messpflicht für Wohngebäude besteht nicht. Zuständige Vollzugsbehörde für Radon an Arbeitsplätzen ist das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV): https://verbraucherschutz.thueringen.de/

 

  1. Wie kann Radon gemessen werden?

Üblicherweise nutzt man zur Bestimmung der Radoninnenraumaktivitätskonzentration über längere Zeiträume sogenannte integrierende Messungen mittels Exposimeter als passive Messgeräte. Diese sind nur wenige Zentimeter groß, werden in den zu messenden Räumen ausgelegt und verbleiben dort über den Messzeitraum an vorgegebenen Positionen. Danach werden die Daten von Spezialfirmen ausgewertet. Außerdem gibt es noch aktive elektronische Messgeräte, mit denen auch sogenannte zeitaufgelöste Messungen möglich sind.

Messungen an Arbeitsplätzen werden über ein Jahr gemittelt durchgeführt und dürfen nur von sogenannten „anerkannten Stellen“ nach § 155 StrlSchV vorgenommen werden, die beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) gelistet sind: Link https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/radon/schutz/messen.html

 

  1. Welche Maßnahmen zur Reduktion von Radon in Gebäuden sind zu prüfen?

Die einfachste Methode, um Radon in Innenräumen von Gebäuden zu reduzieren, ist das regelmäßige Lüften. Des Weiteren sollte geprüft werden, ob bei Bestandsgebäuden im Kellerbereich bzw. erdberührten Bauteilen offene Rohrdurchführungen oder Risse im Boden oder an Wänden mit Erdberührung vorhanden sind, welche abgedichtet werden sollten. Erfahrungsgemäß ist die Radonkonzentration in Gebäuden in der Heizperiode größer als im Sommerhalbjahr, weil einerseits meist weniger gelüftet wird und andererseits durch das Heizen die nach oben strömende Innenraumluft eine Sogwirkung auslöst. Insbesondere bei undichtem Keller und undichter Kellertür wird hierdurch ein Nachströmen von Radon von unten in höhere Stockwerke verursacht.

 

  1. Was ist beim Neubau von Gebäuden zu beachten?

Bei der Neuerrichtung von Gebäuden in Radonvorsorgegebieten müssen nach § 123 StrlSchG bauliche Maßnahmen ergriffen werden, um das Eindringen von Radon in das Gebäude zu verhindern oder erheblich zu erschweren. Entsprechende bauliche Maßnahmen sind in § 154 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) benannt. Das kann z.B. der Einsatz diffusionshemmender Betonsorten sein, der Einbau spezieller radondichter Folien, die Reduktion der Radonkonzentration unter dem Gebäude oder das Absaugen von Radon an Randfugen oder unter Abdichtungen. Welche Maßnahmen für das jeweilige Bauprojekt geeignet sind, wird der Architekt oder ein auf Radonschutz spezialisierter Planer vorschlagen. Eine Broschüre mit Planungshilfen für Neu- und Bestandsbauten finden Sie hier: https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/26126

 

Weitergehende Infos finden Sie auf der Seite des TLUBN: https://tlubn.thueringen.de/umweltschutz/strahlenschutz/natuerliche-radioaktivitaet

Ruhla 19.1.2021

 

Dr. Gerald Slotosch

Bürgermeister der Stadt Ruhla